Die Geburt von Marit


Bericht einer Hausgeburt

 

Die kleine Marit durfte am 10. Juni 2017 in einer entspannten, friedlichen Geburt bei uns Zuhause das Licht der Welt erblicken.

Nach einer sehr interventionsreichen und gewaltvollen ersten Entbindung im Krankenhaus ist nun dieses Geburtserlebnis eine tiefe Heilung. Und Zeugnis dafür, dass Geburt genau die kraftvolle und selbstbestimmte Erfahrung ist, welche ich in meiner Intuition schon so lange deutlich gespürt habe.

Entspannung und Achtsamkeit in der Schwangerschaft sind das Zentrum von meiner Schwangerschaftskultur-Arbeit.
Endlich hatte ich nun die Möglichkeit, mich an meinen eigenen Maßstäben zu messen.

Voll Freude beobachtete ich also die ersten Anzeichen an meinem Körper und wartete mit ihnen zusammen auf das endlich positive Testergebnis.
Mein Gefühl sagte mir zu jeder Zeit, dass wir keine ärztliche Vorsorge brauchen werden.
Daher begleiteten zwei Hebammen angenehm zurückhaltend die Schwangerschaft und ließen mir allen Freiraum, den ich für die Wahrnehmung meines Körpers und meines Kindes brauchte.

Für mehr Entspannung sorgte Marit mit Nachdruck, indem sie nach wenigen Wochen eine Blutung und Kreislaufprobleme schickte, die mich vorerst an Bett und Sofa fesselten.
Nie zuvor hat mir jemand meine körperlichen Grenzen immer wieder so deutlich gezeigt und das Vertrauen in meinen Kräfte gleichzeitig so stark wachsen lassen.

So verlebten Marit und ich unsere Schwangerschaft meist miteinander und durchaus auch manchmal gegeneinander.  – Ein Gefühl, das ich aus meiner ersten Schwangerschaft noch nicht kannte.

Nachdem uns im April schon deutliche Wehen begleiteten und sich der Muttermund immer wieder für kurze Zeit öffnete, bereitete ich mich innerlich auf eine frühe Geburt vor.
Mir war es die ganze Zeit über wichtig, das Baby den Zeitpunkt seiner Geburt bestimmen zu lassen. Vollkommen im Vertrauen darauf, dass das Baby die richtige Zeit und den richtigen Ort wählen würde, trug ich schon etliche Wochen lang die wichtigsten Utensilien für eine Geburt mit mir herum.

Doch Marit hatte ganz andere Pläne. Der Mai und damit auch der errechnete Termin vergingen ohne eine einzige Wehe, ohne jedes Anzeichen für Geburt und endlich auch ohne die Beschwerden, welche mich die Schwangerschaft über geplagt hatten.
Ich genoss diese wunderbaren letzten Wochen, ging viel spazieren, lag in der Badewanne, meditierte.

Marit bestätigte die absolut gesunde Schwangerschaft jeden Tag durch kräftige Bewegungen und hervorragende Herztöne.

Also wartete ich einfach ab, ging wöchentlich zur Akupunktur und trank literweise Himbeerblättertee.

Für den ET+3 Termin – der in Deutschland verpflichtend ist, wenn die Geburt durch eine Hausgeburtshebamme begleitet werden soll – fand ich einen großartigen Arzt, der mein Vertrauen in die Schwangerschaft und das Baby teilte und daher auf Untersuchungen oder gar technische Überwachung verzichtete.

Am Freitag den 9. Juni – inzwischen glaubte ich nicht mehr an eine Geburt vor Weihnachten – kam dann endlich Bewegung in die Sache.

Am Vormittag wehte Kirtangesang durchs Haus, während die einzige nicht schwangere Mitbewohnerin in ungezügelten Nestbautrieb verfiel und im Laufe des Tages jedes Zeichen für eine baldige Geburt lieferte.

Mein Freund und großartiger Geburtsbegleiter, der sich mittlerweile ebenfalls in unserem WG-Haus eingerichtet hatte, wich mir den ganzen Tag nicht von der Seite und begleitete mich zum Termin mit der Hebamme.
Zwar keimte mit dem Vollmond eine leise Hoffnung auf Geburt in mir auf, doch am Mittag wagte ich noch nicht, diese überhaupt auszusprechen.

Meine Hebamme setzte mir eine Dauernadel an meinem Akupunkturpunkt am kleinen Zeh. Und wir verabredeten uns für einen weiteren Termin vor dem baldigen Ende ihrer Rufbereitschaft.

Den weiteren Tag durchlebte ich gewohnt entspannt. Zum Wochenende waren einige unserer Mitbewohner ausgeflogen und die anderen verschwanden früh ins Bett.
Über unserem Haus lag eine friedliche Ruhe.

Wir schauten noch einen Film zuende, als um kurz nach zehn am Abend die ersten, leichten Kontraktionen kamen.

So ganz ernst wollte ich das alles noch nicht nehmen und malte mir einen richtigen Geburtsbeginn in den frühen Morgenstunden aus.
Möglicherweise war auch alles nur ein Fehlalarm, denn die Kontraktionen trieben mich immer wieder zur Toilette und meine Mitbewohnerin hatte schon am Nachmittag über Magen-Darm-Symptome geklagt.

Gegen elf musste ich mich während der Wehen schon ein wenig konzentrieren.
Hatte ich meinem Freund in den letzten Wochen immer wieder erklärt, dass es genau dann richtig losgeht, wenn ich mich unter Wehen nicht mehr richtig unterhalten kann, wollte ich davon nun nichts mehr wissen. – Es waren ja gar keine richtigen Wehen, denn sie taten nicht wirklich weh.
Einzig erzeugten sie einen starken Druck nach unten und ließen meinen Körper deutlich arbeiten.

Ich plante also weiter an unserem Filmabend oder vielleicht noch einem Spaziergang, falls Liegen irgendwann zu unangenehm werden sollte. Eher aus Gewohnheit tastete ich zwischendurch mal nach dem Muttermund. – Und hatte die Fruchtblase unter den Fingern.

Langsam dämmerte auch mir, dass sich jetzt wohl wirklich etwas tat und bestimmt auch irgendwann richtige Wehen kämen. – Unter der ersten Geburt hatte ich über viele Stunden sehr schmerzhafte Wehen gehabt, die aufgrund der vielen Interventionen und Untersuchungen im Krankenhaus nicht wirksam arbeiten konnten.

Ich stimmte also zu, die Fotografin & Hebamme zumindest mal vorzuwarnen, dass es wohl demnächst losgehen könnte.
Sie sollten sich aber doch bitte etwas zu Lesen mitbringen, damit es ihnen nicht langweilig würde…

Inzwischen kamen die Wehen alle 5-8 Minuten. Also in einem noch ausbaufähigen Abstand und immer noch nicht wirklich schmerzhaft.

Sie arbeiteten sich eher wie eine Welle durch meinen ganzen Körper.

Stehend hielt ich mich immer wieder an der Kommode fest, da ich meinen Beinen nicht ganz traute.
Zwischen den Wehen war ich aber völlig entspannt, lief umher, sammelte noch das ein oder andere Handtuch zusammen, falls es nun doch losginge.

Und ich wollte ja noch durch die Vollmondnacht spazieren gehen.
Vorher nur noch kurz einmal den Muttermund kontrollieren… Er war nicht mehr zu fühlen.

Mein allerbester Geburtsbegleiter hatte inzwischen Wasser in die Badewanne gelassen.

Er hat den schnellen Geburtsverlauf deutlich besser gespürt als ich selbst.
Dabei war er völlig unaufgeregt, holte noch die Salzkristalllampe aus dem Yogaraum ins Bad und war dann einfach da.

Als ich in die Wanne stieg, hatte ich tatsächlich noch immer die Befürchtung, dass die Wehen wieder aufhören könnten.
Es ärgerte mich fast ein wenig, dass sie es nicht taten. – Offenbar war ich in der Übergangsphase angekommen.

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Mein Körper arbeitete schon sehr angestrengt, als gegen halb eins die Hebamme dazu kam.
Wie ich es mir gewünscht hatte, ließ sie mich absolut in Ruhe, richtete sich ein und setzte sich dann still in eine Ecke.
Ich fühlte hin und wieder nach der Fruchtblase und wartete auf richtige, schmerzhafte Wehen.
Zwar überrollten mich die vorhandenen schon in enger Folge und ich pustete ordentlich, doch es erschien mir alles immer noch viel zu einfach und entspannt.
Wo blieb nur der unaushaltbare Schmerz, die Verzweiflung und Machtlosigkeit der ersten Geburt?

In den letzten Minuten wurde der Druck noch einmal deutlich größer und ich war der Meinung, dass ich dringend noch einmal zur Toilette gehen sollte.

Zum Glück half mir niemand aus der Wanne und es kam auch gerade – sprichwörtlich in letzter Minute – die Fotografin dazu, sodass ich mich einfach wieder über den Rand der Badewanne hängen ließ.

Ich befreite mich von der Angst vor einem Dammriss, indem ich sie einfach aussprach und ein paar Rescuetropfen nahm.

Bereits in der nächsten Wehe wurde der Kopf in der Fruchtblase geboren.

Ich musste nichts dazu tun. Meine Gebärmutter und das Baby arbeiteten hervorragend zusammen.
Wir verharrten einen kurzen Moment und dann beschlossen Marit und ich gemeinsam, dass wir den Rest nun auch noch schaffen.

Während sie sich deutlich spürbar mit den Beinen abstieß und die Schultern einstellte, platzte die Fruchtblase und sie schwamm mir ohne große Mühe entgegen.

 

10. Juni 2017, 0:51 Uhr: „Das Baby ist schon da!“

Diesen Satz habe ich in der Nacht vermutlich noch hunderte Male gesagt.

Ich konnte und kann mir einfach noch nicht vorstellen, dass alles so einfach war. So entspannt. So friedlich.

Marit beschwerte sich kurz über ihre Ankunft, dann suchte sie sich direkt die Brust und wir warteten auf die Plazenta.

Nach der Plazentageburt zogen wir ins Bett um, stillten und die kleine Marit beobachtete gespannt ihre Umgebung.

Später machte die Hebamme die erste Untersuchung und wir bewunderten die wunderschöne, herzförmige Plazenta.
Abgenabelt haben wir erst nach einem Tag, um Marit den Übergang in die Welt so leicht wie möglich zu machen.

Nach einer kurzen Dusche kuschelten wir uns wieder ins Bett und schliefen im Morgengrauen Haut an Haut ein.


Ich bin in tiefer Dankbarkeit für alle, die diese traumhafte Geburt begleitet haben.

 

 
 
 
 
 

Ich danke Amanda von Herzen, dass ich ihren wunderbaren Geburtsbericht
hier auf meinem Blog teilen darf!

 

Mehr über Amandas Angebote rund um das Thema Schwangerschaftskultur
findet ihr auf ihrer Website.